Das Elend der Christdemokraten

Das Elend der CDU hat viele Namen: aktuell zuvorderst den Namen Friedrich Merz , dann Wüst, Günther, Wegner, Polenz, Röttgen, Kiesewetter, Laschet, Merkel, Schäuble, Süßmuth u.v.a.m.

„Das Elend der Christdemokraten“ war der Titel einer Publikation von 1977, herausgegeben von Gerd-Klaus Kaltenbrunner in der „Herderbücherei Initiative“*. Der Band befasste sich in mehreren Beiträgen mit dem absehbaren Niedergang der CDU im Gefüge der deutschen Parteiendemokratie.
Das war acht Jahre nach dem erstmaligen Übergang der Regierungsmacht (weitere folgten) von der CDU/CSU an die SPD.

Kaltenbrunner meinte seinerzeit:

„Es ging mit den deutschen … Christdemokraten bergab, als die Führergestalten der ersten Stunde abgetreten waren. Ihre Söhne und Enkel haben vielfach vergessen, daß in den Massendemokratien ohne Führerschaft – und das heißt, geistige Autorität und Positionsbewußtsein – keine über den Tag hinaus dauernden Erfolge zu gewinnen sind.“

Günter Rohrmoser hat 22 Jahre später – die CDU/CSU hatte nach den Jahren unter Kohl erneut die Regierungmacht an die SPD (mit den Grünen) verloren – diese Überschrift vom „Elend der Christdemokraten“ in seinem Buch „Kampf um die Mitte“** neu aufgelegt. Er verweist auf seine schon vorherige Prognose von 1985:

„Wenn die CDU nicht eine eigene geistig-politische Substanz repräsentiert und ein unverwechselbares politisches Profil bekommt, wenn sie nicht in der Lage ist, auch die jüngeren intellektuellen Kräfte unserer Gesellschaft für sich zu begeistern, werde sie eines nicht sehr fernen Tages beginnen, sich den Folgen der anarchistischen Kulturrevolution anzupassen und zu unterwerfen. Wenn die CDU nicht einen über die Sozial- und Wirtschaftspolitik hinausgehenden Kristallisationspunkt zur Identifikation mit ihr anzubieten hat, werde sie eines Tages nicht mehr in der Lage sein, einen erfolgreichen Wahlkampf zu führen. Dann werde es die unvermeidliche Folge sein, daß die CDU die strukturelle Mehrheitsfähigkeit und damit die Rolle einer mitbestimmenden politischen Kraft in der Entwicklung unserer Gesellschaft einbüßt.“

All das ist eingetreten.

Die Merkel-CDU

Es schien zwar zunächst, als wäre mit „Mutti Merkel“ in der CDU eine „Autorität“ in dem obigen Sinne der geforderten „Führerschaft“ erstanden.
Wie ein vorübergehender Höhenflug mit der Wahl 2013 mit 41,5 % für die CDU/CSU Glauben machen könnte.
Aber Merkel hat nicht nur die bestehenden Reste von „Positionsbewußtsein“ in der vormals christlichen Partei entsorgt. Aber auch ihr primitiver Machtopportunismus ließ echte „geistige Autorität“ auch in keiner Phase ihrer Regierungszeit erkennen. Dazu fehlen und fehlten ihr intellektuell wie charakterlich alle Voraussetzungen.

Und keiner in der Union hatte das erkannt und für ernst genommen!?

Merkel wurde im April 2000 Parteivorsitzende. Die CDU hatte da noch fast 650.000 Mitglieder.
Nach 10 Jahren Merkel waren es bereits unter 500.000, um heute bei knapp 360.000 angekommen zu sein.

Von der vorübergehenden Scheinblüte von 41,5 % in den Wahlergebnissen sind bald nur noch 25 % übriggeblieben.
Bei der Wahl in Brandenburg am 22.09.2024 sind schließlich nur noch 12,1 % übriggeblieben (nur einmal in Hamburg – 2020 und in Bremen – 1951 ist ein schlechteres Ergebnis je erzielt worden).

Nach der Europawahl 2019 stellte Roland Tichy fest:

„Jetzt ist die CDU so saftlos wie eine nicht mehr so große, aber leergelaufene Batterie und die ohne Ladegerät. Die Partei wirkt wie ein aufgepumptes Michelin-Männchen ohne Innereien, eine leere, nur mit heißer Luft aufgepumpt Hülle, in die jetzt jemand eine freche Nadel gesteckt hat. Pfffft.
Die CDU fällt nicht einmal mit Getöse um. Sie erschlafft einfach. Jeden Tag und jede Wahl ein Stück mehr. Pfffft. Dabei reißt sich das Loch von innen her immer größer, und das anfangs leise Pfffffffffft ist jetzt schon ein ziemlicher Heuler, die Partei pfeift buchstäblich aus dem letzten Loch.“

Glaubt man den Prognosen der Wahlforscher aktuell, hat das Pfffft etwas nachgelassen, schätzt man die Union doch bei um die 30% ein.
Betrachtet man jedoch die Zustimmungswerte der „Kanzlerkandidaten“, hörte man das Pffft wieder lauter.

Wir erinnern uns:

Vor 6 Jahren hatte man eine vermeintliche Sympathieträgerin namens Annegret (Kramp-Karrenbauer), die im Dezember 2018 in einer Kampfabstimmung gegen Friedrich Merz mit knapp 51,8 % zur Parteivorsitzenden der CDU gewählt.
Der Fraktionsvorsitzende der Bundes-CDU Ralph Brinkhaus meinte:

„Und sie wird auch unsere nächste Kanzlerkandidatin sein. Insofern ist das ihre Entscheidung, was der beste Weg dafür ist.“

Und wie tönte er noch:

„Wir sind da selbstbewusst, dass wir als Volkspartei der Mitte, die breit aufgestellt ist und die breite Bevölkerungsschichten anspricht, auch langfristig erfolgreich sein werden.“

Das nennt man Chuzpe.

Das Wort stammt aus dem Jiddischen und da fällt mir dazu dieser Dialog aus dem Musical „Anatevka“ ein:

„Eine milde Gabe, Herr, eine milde Gabe bitte!“
– „Da, Reb Nachum, hast du eine Kopeke.“
„Waaas, nur eine Kopeke? Vorige Woche hast du mir zwei gegeben.“
– „Ooj…, ich hatte eine schlechte Woche.“
„Wie, wenn du eine schlechte Woche hast, soll ich darunter leiden?“

Wie gesagt „Chuzpe“, betrachtet man die weiteren Ergebnisse für die Union

Dann gab es 2020 nach einigen schlechten Wahl- und Umfrageergebnissen Zoff in der CDU und nur noch 17 Prozent trauten in einer Befragung des Emnid-Instituts der Annegret zu, die Union wieder in die Erfolgsspur zu bringen.
Und so trat sie vom Parteivorsitz und der Kanzler(innen)-Option zurück.

Die „Ära Laschet“

Und dann kam Laschet, und wie sich herausstellen sollte, war der Name Programm.

Laschet positionierte sich sogleich als Erbberechtigter von Merkel:
„Der Erfolgskurs der CDU in der Kanzlerschaft von Angela Merkel war nicht zuletzt, Probleme pragmatisch zu lösen und über die CDU-Stammwähler hinaus viele Bürger anzusprechen. Daran sollten wir festhalten.“
Damit positioniert er sich schon mal und sofort äußert er sich auch über einen potentiellen Konkurrenten:
„Als Klimaaktivist ist mir Merz bisher nicht aufgefallen“.

Mit Laschet als Kanzlerkandidat ging die Bundestagswahl 2021 gründlich in die Hosen. Mit 18,9 % wurde ein historischer Tiefstand erreicht.
Nicht nur der sogenannte „Laschet-Lacher“ vom 17. Juli 2021 während der Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im Flutgebiet in Nordrhein-Westfalen hatte wohl den Wahlkampf erheblich beeinflusst. Die Umfragewerte der CDU/CSU zur Bundestagswahl brachen erheblich ein.

Und nun: Friedrich Merz

Und dann kam der Friederich wieder aus der selbstgewählten Schmoll-Ecke hervor.

  • Seit 31. Januar 2022 ist Friedrich Merz als CDU-Parteivorsitzender im Amt
  • Am 15. Februar 2022 wurde (erneut) zum Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag gewählt und wurde damit „Oppositionsführer“.
  • Auf dem Parteitag der CDU am 6. Mai 2024 wurde Merz von rund 90 Prozent der 1.001 Delegierten als CDU-Parteivorsitzender wiedergewählt.
  • Seit 17.9.2024 ist Friedrich Merz (vorläufig) auch Kanzlerkandidat der Union, nachdem die Merkel-Zöglinge und Grünen-Zuhälter Wüst und Günther angeblich auf eine Kanzlerkandidatur verzichteten, wie auch der CSU-Lautsprecher Söder.

Der Chef des Forsa-Instituts, Manfred Güllner, sah sofort nach der „Nominierung“ in Merz „die zweite personelle Fehlentscheidung der Union nach Armin Laschet 2021“.
Und nach den neuesten Umfrageergebnissen verhalf diese Personalie, dem bisher „unbeliebtesten Kanzler der Bundserepublik“, Olav Scholz zu einem Sympathie-Zuwachs, dass er mit Merz nun fast gleichauf liegt.

Ich hatte mich im Juli in einer Art „offener Brief“ an F. Merz gewandt. Was von ihm zu halten ist, kann der geneigte Leser auch dort nachsehen:

Die elenden Christdemokraten

Wie kann man sich inzwischen dem Thema um das Elend der Christdemokratie noch nähern, außer mit Sarkasmus?
Alles, was kluge Leute schon vor Jahrzehnten der deutschen Christdemokratie ins Stammbuch geschrieben hatten, haben die Verantwortlichen dieser Partei ignoriert.

Man glaubte sich weiter – wider jeglichen Fakten, wider jeglicher gebotenen Einsicht hinsichtlich „Erfolgskurs“ und dass man „langfristig erfolgreich“ sein werde.

Vergessen wir auch nicht diese führenden Knallchargen der CDU in Thüringen und Sachsen, die doch tatsächlich mit Ex-SEDlern und Kommunisten allein zum Machterwerb eine Koalition eingehen möchten. Geschieht das, wird diese bisherige „Brandmauer“ gebrochen, dann wird das die CDU endgültig zerreißen und sie wird untergehen wie die Democrazia Cristiana in Italien weiland.

Ein bekanntes Zitat von Kant:

„Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“

Das drückt das intellektuelle – antithetische – Paradoxon der CDU aus: einerseits „Mangel an Verstand“ und sich – weil ohne – der „Leitung eines anderen zu bedienen“.
Der Mangel an Verstand ist evident geworden in der CDU und sie kann sich anscheinend nicht mehr aus eigener Erkenntniskraft bedienen; sondern nur noch einem links-grünen, „antifaschistischen“, „woken“ Zeitgeist hinterherhecheln.

Roland Tichy:

„Finger erst in den feuchten Mund, dann in den gefühlten Mainstream gehalten und umgehend ohne Sinn und Verstand diesem gefolgt.“

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  • „Das Elend der Christdemokraten -Ortsbestimmung der politischen Mitte Europas“ – Herderbücherei Initiative 21, Herder München 1977

** Rohrmoser, Günter: Kampf um die Mitte – Olzog Verlag München 1999

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Eine Antwort zu Das Elend der Christdemokraten

  1. Anonymouse sagt:

    Die CDU, ein Schatten ihrer selbst.
    Wer hat’s gesehen ?
    Nach der Brandenburgwahl gab es die obligatorische Politrunde. AfD-Baumann war gerade dabei seine Antworten und Statements zu formulieren, schon fielen ihm drei ins Wort und über ihn her. Dann sprach der CDUler (sein unwichtiger Name ist mir entfallen), worauf Baumann kurz einwarf, dass die CDU doch 16 Jahre lang regierte. Daraufhin ergriff der CDUler seine Chance um Baumann bzw. die AfD zu maßregeln : „Anstand, Anstand, Herr Baumann, einfach nur Anstand, andere ausreden zu lassen, mehr erwarten wir von Ihnen nicht.“ Souveränität sieht anders aus. Ich hab dann auch gleich abgeschaltet. Die CDU ist wahrlich ein Trauerspiel. Jetzt versucht sie sich als AfD 2.0 in der Migrationskrise und baut emsig an ihrer Brandmauer. … wahrlich ein Trauerspiel. In dem ganzen Schmierentheater gibt es nur eine einzige Wohltat : Merkel genießt und schweigt.

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