Die liebe Omi …

Oder: die „Umweltsau“ an meiner Seite.

Eine Medienschelte

Vor vier Jahren war das ein Hit der Böhmermann-Qualitätsmedien:
„Oma, die Umweltsau!“
Das Bemerkenswerteste an diesem Schimpf um die „Umweltsau Oma“, die „im Hühnerstall Motorrad fährt“, war/ist m. E. der niederträchtige Umgang mit der Redeweise, mit Metaphern, d.h. auch Bilder und Übertragungen, und vor allem auch der Missbrauch von Kindern in ihrem Medium. Dieser Umgang ist symptomatisch für diese Charaktere, welche die Medien beherrschen, und wenn der Schmutz ausgespuckt war, sich dann in scheinheiligen Beschwichtigungen oder „Entschuldigung“ üben. Dabei aber perfide und nebenbei Verständnis wecken wollen für angeblich idealistische und hehre Anliegen.

Einen Musterfall für diesen befremdlichen Umgang, gleichwohl bewusst eingesetzter Handhabung der Sprache (Framing), lieferte Jochen Rausch, Programmchef WDR2 in einem WDR-Spezial, einen Tag nach dem aufgekommenen „Shitstorm“ über das WDR-“Kinderlied“ von der Umweltsau-Oma.
Jochen Rausch – mit damals 62 Jahren auch schon im „Opi-Alter“ meinte:

„wir haben einen Ausdruck benutzt, nämlich Umweltsau, und das in Verbindung gebracht mit der lieben Omi, der man das natürlich gar nicht persönlich vorwerfen kann. Das war ja überhaupt nicht die Geschichte. Ich glaube, das ist auch das Problem, dass viele da so die liebe Omi sehen, die abends irgendwie Geschichten vorliest, und sagen: Wie kann man die jetzt als Sau bezeichnen? Dass das eine Metapher ist, will ich aber jetzt hier nicht weiter erklären,…“

Die „Sau“ als Metapher –  wie „die liebe Omi“. 

In den Rechtfertigungen für diesen Song wird gern angeführt, dass mit der „Umweltsau“ wir alle gemeint seien, nicht nur die liebe Omi.
Viele, die sich jetzt entschuldigen, wenn nicht gar aufregen, bebrüten (unbewusst?) dann wohl damit das Bild von der strickenden Omi; die du dir übrigens als Puppe kaufen und im Wohnzimmer ausstellen kannst.

Dann wird verharmlosend geschnulzt: „die haben doch die Omi lieb“.
Hat nicht Erich Mielke auch gesagt „Ich liebe doch alle…“?


Die „Omi“ an meiner Seite

Wie kann es anders sein, und so habe ich seit längerer Zeit natürlich eine „Omi“ an meiner Seite.
Aber hört mal: Das ist eine gestandene erwachsene Frau – in den Siebzigern – auf welche solche Diminutiva gar nicht passen!
Ja sie strickt immer noch leidenschaftlich, wie seit ihrer frühen Jugend.
Aufgewachsen in sehr bescheidenen Verhältnissen, aber gefördert von den Eltern und von „Omi“ und „Opi“.
Studium und dann über dreißig Jahre Tätigkeit als Lehrerin unter nicht immer einfachen Bedingungen. „Nebenbei“ drei Töchter groß gezogen, die alle dank ihrer Erziehung und Gene akademische Berufe erreichen konnten und selbst zu starken und selbstbewussten Persönlichkeiten wurden.
Im Ruhestand weiterhin Engagement für Kinder und die hiesige Gemeinde im Rahmen einer Bibliothekstätigkeit.
Neun Enkel, die von ihr bei Gelegenheit „unter die Fittiche genommen“ und in jeder Weise „gepowert“ werden.
Nebenbei wurde das ererbte Häuschen der verstorbenen Mutter mit persönlichen Aufwand gerettet und saniert und so der Nachwelt erhalten.
Ihr erster „Urlaub“ als Teenager war, mit einer Freundin nach Holland oder zur Tante nach Wien zu radeln.
Das erste Auto ein gebrauchter R4, um in der Rhön an den Arbeitsplatz, zu den verschiedenen Schulen zu gelangen.
Sie könnte sich heute einen SUV leisten, aber ein Kleinwagen tut es auch (hat doch der Gatte einen dicken Audi).
Ich habe nachgerechnet, sie – d.h. wir beide – waren in den letzten 50 Jahren neun Mal mit dem Flieger in Urlaub geflogen.
Dann zweimal tatsächlich eine Kreuzfahrt: Wir Umweltsäue!
Das mit den Urlaubsreisen hätte ich mir vielleicht doch sparen können. Denn die „Omi“ an meiner Seite ist eine umweltbewusste Person, die mit gesundem Menschenverstand – oft mal auch mit etwas zuviel Gut-Menschenverstand – an die Dinge herangeht.
Das Alter am Eintritt in das achte Jahrzehnt bringt seine Gebrechen oder Störungen, bei wem nicht? Da zwackt mal das Knie oder der Rücken, und gewisse, manchmal auch schon früher nervende Eigenschaften treten dann auch stärker ans Licht.


„Omis“?

Ich kenne in meinem Bekanntenkreis fast ausschließlich gestandene, erwachsene, gereifte,   (mehr oder minder) starke Frauen (das sei erlaubt zu sagen), die man in das Genre „liebe Omi“ stecken könnte.
Schon etwas senil, schon ge-Alzheimert?
Nein! Gibt es auch. Kann man nicht ausblenden.
Wer aber sieht diese Frauen reduziert auf die „liebe Omi, die abends irgendwie Geschichten vorliest“ oder strickt.
Aber diese angebliche witzigen und elitären Medientypen bemühen solche Personifizierungen ganz bewusst.
Was geht im Kopf dieser arroganten Typen vor, dass sie solche blöden Verbildlichungen bemühen?
Es geht augenfällig um Spaltung, Polarisierung, um dann daraus Rechtfertigung für Belehrung, Stimmungsmache für die eigene kluge, edle und moralisch getaufte Sache zu entwickeln.
Wenn die „liebe Omi“ schon nicht „Umweltsau“ ist, dann bleibt dann noch die „Nazisau, die aus eben dem gleichen Stall ins Dorf getrieben wird.
Aber dafür gibt es jetzt „Omas gegen Rechts“!

(Vielleicht eine blöde Frage: aber fahren die auch im Hühnerstall Motorrad?)

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