Mainz – und nicht nur dort: wie es stinkt und kracht

Es war einst der Höhepunkt des Karnevals und gar des Fernsehjahres: „Mainz wie es singt und lacht“. Die Live-Übertragung der Karnevalssitzung des MCV und des MCC erzielte einst mit 89% gar die jemals am höchsten gemessenen Einschaltquoten einer Fernsehsendung.
Wer in den 50er oder 60er Jahren einen Fernseher sein Eigen nannte, saß am Freitag vor dem Rosenmontag bis Mitternacht vor der Glotze und gönnte sich die Mainzer Hofsänger, den singenden Dachdeckermeister Ernst Neger und Margit Sponheimer, dazu den „Till“ und manch andere, mehr oder minder geistreiche Büttenredner. Die Reden waren immer schon auch etwas politisch und mancher gern anwesender Politiker (man kam ja damit ohne weiteres Zutun ins Fernsehen) wurde „dableckt“, wie man in Bayern sagt.
Die Übertragungen der Kölner Karnevalssitzungen oder die Verleihung des Ordens „Wider den tierischen Ernst“ aus Aachen konnten nie gegen Mainz „anstinken“.

Ich möchte mich nicht gerade als einen hartgesottenen „Faschingsmuffel“ bezeichnen, doch diese nicht nur im Fernsehen zelebrierte Fröhlichkeit auf Kommando ging mir schon bald auf den Geist.
Nicht nur ich konnte mit der Zeit erleben, wie die übertragenen Büttenreden immer abgedroschener und teilweise auch zotiger wurden. In Aachen durften sich dann gar Politiker nachgerade selbst produzieren und sich gegenseitig beweihräuchern.
Die „älteste Fernsehsendung Deutschlands“ – Start 1955 – verzeichnete aber zunehmend geringere Einschaltquoten. Einzig „Fastnacht in Franken“ im Dritten bekommt anscheinend für die „Macher“ noch zufriedenstellende Quoten.

Der Kölner Karneval war in seinen Anfängen schon politisch mit einer Kritik am preußischen Militarismus (den damaligen Herren des Rheinlands). Auch „Mainz“ war, wie gesagt, auch schon immer etwas „politisch“ – außer Ernst Neger vielleicht („Heile, heile Gänsje“, „Humba, humba, täterä…“).
Aber sogar der wurde posthum wegen seines Namens (Firmennamens) Opfer der politischen Korrektheit.
Auch das vielleicht einstmals kritische Format der Karnevals-Rede passte sich an. Um nicht „gecancelt“ zu werden, muss man den obersten Fernsehverantwortlichen – und damit der Politik, gefällig sein, und stimmt in die von dort propagierte Meinung ein. Die „Genehmen“ kommen vergleichsweise gnädig davon, die Unliebsamen, AfD, Rechte, „Rassisten“ etc., werden gnadenlos und “humorvoll“ gegeißelt.

Ich habe die letzte Sendung von „Fastnacht in Franken“ eingeschaltet. Beim Auftritt des hochgelobtesten Büttenredners deutscher Zunge, Peter Kuhn, der ja durchaus nicht der schlechteste Bütten-Reimer ist, kam dann doch wieder Übelkeit auf: Als er – nach einigen Schlenkern gegen die Ampel, besonders Aiwanger fies behandelte und dann vor allem die AfD „anprangerte“, unter frenetischem Beifall der anwesenden Politik- und Medien-Schickeria.
Sie können halt doch nicht aus ihrer abgefeimten Haut, diese selbstverliebten, schnullermündigen Gesinnungsakrobaten, die sich einmal im Jahr als Narren produzieren möchten, und dann doch nicht erkennen, dass sie es eigentlich auch den Rest des Jahres sind.

Ja, ich war in der Jugend auch auf Faschingsbällen, in alberner Verkleidung. Auch mal auf einer „Sitzung“. Ich gönne meinen Enkeln den Mummenschanz und das Vergnügen dabei. Ich würde sogar dabei helfen, sie schwarz oder rot anmalen, wenn sie das möchten – und auf sie aufpassen. Denn wie sang einst der weiße Neger Roberto Blanco: „Ein bisschen Spaß muss sein!“

Irgendwann verliert man seine Närrischkeit. Und dann erfreut man sich vielleicht, nichtsdestotrotz an der einzig wahren Karnevalsbüttenrede:

Diese Büttenrede wurde 1995 in Flörsheim am Main (Karnevalshochburg) gehalten:
Der Redner musste nach dem Vortrag unter Polizeischutz rausgebracht werden und die Sitzung wurde vorzeitig beendet!

Narhalla-Marsch

„Alaaf und Helau! – Seid ihr bereit?
Willkommen zur Beklopptenzeit!
Mer kenne des aus Akte X,
doch Mulder rufe hilft da nix,
des kommt durch Strahle aus dem All,
und plötzlisch ist dann Karneval!

(Tusch)

Uff einen Schlach werd’n alle dämlisch,
denn das befiehlt das Datum nämlisch!
Es ist die Zeit der tollen Tage
so eine Art Idiotenplage,
eine Verschwörung, blöd zu werden,
die jährlich um sich greift auf Erden.
Ei‘ wahre Ausgeburt der Hölle,
und Ausgangspunkt davon ist Kölle!

(Tusch)

Denn dort gibt’s nisch nur RTL,
das Fernseh-Einheitsbrei-Kartell,
sondern aach jede Menge Jecken,
die sisch auf Nasen Pappe stecken,
in Teufelssekten sich gruppieren
Danach zum Elferrat formieren
und dann muss selbst das döfste Schwein
dort auf Kommando fröhlisch sein.

(Tusch)

Auf einmal tun in allen Ländern
die Leude sisch ganz schlimm verändern
Sie geh’n sisch hemmungslos besaufe
und fremde Mensche Freibier kaufe
Schmeiße sisch Bonbons an die Schädel,
betatsche Jungens und aach Mädel
Und tun eim jede, den sie sehen,
ganz fuschtbar uff de Eier gehen!

Sie tun nur noch in Reime spreche
und sind so witzisch, man könnt‘ breche,
bewege sisch in Polonäsen,
als trügen sie Gehirnprothesen,
man möschte ihnen – im Vertrauen
am liebsten in die Fresse hauen!

(Tusch und Konfetti-Kanone)

Doch was soll man dagege mache?
Soll man vielleicht noch drüber lache?
Es hilft kein Schreie und kein Schimpfe,
man kann sisch nich mal gegen impfe,
die Macht der Doofen ist zu staak,
als dass man sisch zu wehr’n vermag!

(kein Tusch)

Am besten ist, man bleibt zu Haus
und sperrt den Wahnsinn aanfach aus.
Man schließt sich ein paar Tage ein
und lässt die Blöden blöde sein!
Der Trick ist, dass man sich verpisst
Bis widder Aschermittwoch ist!

Und steht ein Zombie vor der Tür,
mit so ‚nem Pappnasengeschwür,
und sagt statt „Hallo“ nur „Helau“,
dann dreh sie um, die dumme Sau,
und tritt ihr kräftisch in den Arsch
und ruf dabei: Narrhalla-Marsch!“

„Vielen Dank …“

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5 Antworten zu Mainz – und nicht nur dort: wie es stinkt und kracht

  1. Anonymouse sagt:

    Ich hör‘ von draußen nur bumm bumm bumm bumm bumm bumm ……. schon den ganzen Tag … ich werd‘ noch wahnsinnig. Jetzt gerade mal wieder eine Sirene. Dreimal hab ich mit dem Fernglas geguckt und sah schlechte Kostüme, hilflose Kinder, Besoffene, Chaos und Dreck. Nix für mich. Berlin in weiter Ferne ist Narrenschiff genug.

    • altmod sagt:

      Ging mir genauso. Das letztemal war ich vor 30 Jahren dort, die Töchter waren noch klein und wollten den Mumpitz sehen. Eklig wie danach die Straßen und Gehsteige zwei Tage lang noch zugemüllt und der ganze Ort versifft war. Es gibt ja wohl Leute, die das brauchen. Und jetzt mit einer Schwuchtel an der Spitze des Organisationskomittees…

      • Anonymouse sagt:

        Unsere kleine Nachbarin (sie müsste so ca. vier Jahre alt sein) wollte auch mit ihrem Papa gucken gehn, aber sie wollte sich partout nicht verkleiden (lassen).
        Tja, die Identitätsfindung unserer Jüngsten setzt erstaunlich früh ein. Es besteht noch Hoffnung.

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