Pegnitz – und der „Flinderer“

In meinem Heimatort Pegnitz regiert wieder – wie seit „Jahrhunderten“ (!?) – im Frühjahr bis Frühsommer der „Flinderer“.
Für Uneingeweihte: Das ist eine genuine Fress- und Sauffestivität, die auf alte (Brau-) Rechte zurückgeht. Die Pegnitzer Stadt- oder „Ackerbürger“ hatten seit dem Mittelalter das Recht, Bier zu brauen und auszuschenken. Daraus entwickelte sich der durchaus sinnvolle Brauch, dass im Sommer zur Erntezeit, in wöchentlichem Abstand, jeweils nur ein B(r)auer Bier ausschenkte und die schwer Arbeitenden auch mit gehaltvollem, frisch Geschlachtetem vom Schwein, verköstigte.
Der Brauch wurde dann später von Gastwirten aufgenommen, die daraus für Pegnitz die „fünfte Jahreszeit“ schufen, aber ohne „carne vale“ wie andernorts.
Ich mag dieses „Event“, erinnert es mich doch an meine Jugend in Pegnitz. Es ist so herrlich anti-vegan, anti-alkoholisch, anti-modern, anti-nüchtern, anti-politisch, anti-“woke“; so richtig anti nach meinem Sinn. U.a. auch da das extra gebraute Bier immer hervorragend, das Schweinerne – Schipf, Knöchla, Bratwürst, Schäuferle – immer mundeten und munden.

Das hat mich aber nicht davon abgehalten, eine Satire mir Schein-historischem Bezug zu verfassen – für alle „echten Pegnitzer“:

Neueste historische Erkenntnisse zum Flinderer

Sanct Bracteolarius – der eigentliche Pegnitzer Heilige
Glaubt man den Resultaten renommierter Heimatforscher aus der Region, muss die Geschichte des „Flinderers“ in Pegnitz neu geschrieben werden.
Möglicherweise verliert dabei der bisherige Stadtheilige St. Bartholomäus seine Bedeutung: Jener, der angeblich immer wusste, „wo man den Most holt“ – aber halt nicht, wo das Bier!
Den Quellen nach – so fanden die Forscher heraus – soll Pegnitz sein traditionelles Fress- und Sauffest einem Heiligen und Märtyrer namens Bracteolarius – auf deutsch: „Der Flinderer“, zu verdanken haben.
Siehe hier: https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB&lemid=F05935
Bracteolarius war offensichtlich ein Mönch vom „Orden der bierbrauenden Augustiner“ in München! Er kam auf seinen Predigtreisen auch nach Franken und nach Pegnitz, um da seine frohe Botschaft zu verkündigen.
Seine Kunde fiel auf fruchtbaren Boden, und in Pegnitz begannen die damals recht armen Ackerbürger „uff dem Letten“, nach seiner Anleitung aus ihrer angebauten Gerste endlich auch Bier herzustellen.
Das gefiel wohl einem gewissen Grantl, anscheinend ein Anhänger der damals aufkommenden Bruderschaft der „Communitas Vegetabilis“ oder der „Fumatores Cannabiensis“ (die Geschichtsforscher sind sich darüber nicht ganz einig), überhaupt nicht. Insbesondere da die Pegnitzer unter Anleitung des Bracteolarius das Fest des Bierbrauens nun mit dem Schlachten von Schweinen und dem enthemmten Verzehr von Schweinernem verknüpften. So verdingte der Grantl über Kuriere aus dem benachbarten Bayreuth einen Schergen, der dem Bracteolarius das Handwerk legen sollte. Er überwältigte ihn am helllichten Tag und malträtierten ihn so mit dem Reisig von Birken – heißt es in der Sage – dass er letztendlich am Ort seines segensreichen Wirkens seinen Geist aufgab.
Das Birkenreisig – oder der “Buschen“, das Marterinstrument, ist seither das Symbol des Flinderers und des Flinderns.
Das Ganze soll sich schon lange vor der Reformation ereignet haben, die bald danach auch in Pegnitz Einzug hielt. Aber die Pegnitzer haben sich anscheinend was vom alten Glauben behalten – so das Resümee unserer Forscher, was auch schon Voith von Voithenberg, laut Herbert Scherer, im 17. Jahrhundert festgestellt hatte – und so erfolgt die Verehrung des Heiligen bis in die heutigen Tage.
Der Heilige hat wohl auch den Mittelraum bereist und so ist es verständlich, dass sich auch italienische und griechische Wirte an dem Fest des Bracteolarius in Pegnitz beteiligen.

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2 Antworten zu Pegnitz – und der „Flinderer“

  1. Gerhard Bauer sagt:

    Ich hoffe Du lässt es Dir schmecken und wirst auch die Gurgel anständig benetzen.

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